Am 17.11.201 sindgt Max Erben jiddische Lieder zum Festjahr 1700 Jahre jüdisches Leben

Max Erben singt jiddische Lieder

Dieses Jahr werden 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland gefeiert. Die Bürgervereinigung Rodenkirchen beteiligt sich mit einer musikalischen Veranstaltung an diesem Festjahr.

Am 17. November erlebten 41 Gäste der Bürgervereinigung Rodenkirchen einen fesselnden Liederabend im Ruderverein. Max Erben, sang auf dem unterhaltsamen Abend jiddische Lieder mit Gitarrenbegleitung. Vor jedem Lied gab er eine kurze Zusammenfassung der Handlung mit geschichtlichem Hintergrund. Und die Gäste konnten so fast alles verstehen! In lockerer Folge wechseln sich Lieder mit witzigen und liebenswerten auf Jiddisch vorgetragenen lustigen Anekdoten ab. Es ging um Liebe, Hochzeiten und Trauer, Freude, Traditionen und um den Alltag in den Städten Osteuropas im 19. Jahrhundert. Viele Lieder thematisierten die bittere Armut und Hoffnungslosigkeit dieser Zeiten. Wie auch das Lied im Video “Die grüne Cousine”.
“Di grine Kusine” handelt von einer jüdischen Einwanderin, die als fröhliche junge Frau nach New York kommt und am Elend zerbricht. Denn die “Goldene Medine”, das goldene Land, war der Traum von über 2 Millionen jüdischen Immigranten aus Osteuropa, die, getrieben von Armut, Unterdrückung und Pogromen im zaristischen Russland, zwischen 1880 und 1924 in die USA kamen. Die “Grinen”, eine Bezeichnung für die Neueinwanderer (Green Horns) mussten oft feststellen, dass das Leben in New York unter erbärmlichen Wohn- und Arbeitsverhältnissen auch nicht besser war. Sie waren vom Regen in die Traufe gekommen waren. Ein kurzes Video sehen Sie hier:
Wir danken Max Erben für den wunderbaren Abend und unserem Gastronomen, Achim Feige, der leckere Gerichte aus der jüdischen Küche anbot. Die Bürgervereinigung möchte mit diesem Liederabend einen Beitrag zum diesjährigen Festjahr “1700 Jahre Jüdische Leben” leisten.

Informationen über „1700 Jahre Jüdisches Leben“ gibt es auf https://2021jlid.de/ und und im offiziellen Kalender, wo unserer Programm für das Festjahres #2021JLID augenommen wurde.

 

 

 

 

Über Max Erben

Max Erben dürfte vielen in Rodenkirchen bekannt sein. Denn er war über Jahrzehnte Deutsch- und Französischlehrer am Gymnasium Rodenkirchen.

Max Erben wurde 1942 in Metz, Frankreich, geboren, machte in Deutschland Abitur und studierte in Köln Germanistik und Romanistik. Bereits seit den 1970er Jahren tritt Max Erben als Musiker auf. Zunächst mit französischer Folklore, später beschäftigte er sich intensiv mit der musikalischen Liedtradition des osteuropäischen Judentums. Hinzu kommt seine Aktivität als Rezitator. Erben hatte zahlreiche Auftritte in Deutschland, Belgien und Israel. Er ist Mitglied der Kölner Gruppe Liederschlag, bekannt durch ihr Musikkabarett. Auch mit dieser Gruppe hat Max Erben mehrere CDs aufgenommen. https://max-erben.jimdofree.com/

Exkurs in die jiddische Sprache – Geschrieben wird nur in hebräischen Buchstaben!

Wer Jiddisch hört, denkt im ersten Moment, es sei ein Dialekt aus dem Schwäbischen, aus Bayern oder Österreich. Denn viele süddeutsche Dialekte bilden Verkleinerungsform nicht auf „-chen“ – sie sagen nicht „Städtchen“, sondern eben „Städtle“ analog zum im Jiddischen „Städtl“ oder „Schtetl“. Aber Jiddisch ist keinesfalls ein Dialekt!

Das heutige Deutsch und das Jiddische wurzeln nämlich in einem gemeinsamen sprachlichen Erbe, dem Mittelhochdeutsch. Das vor dem zweiten Weltkrieg von mehr als 10 bis 13 Millionen gesprochene Jiddisch ist nichts anderes als das „Teutsch“ der seit dem 13. Jahrhundert nach Osteuropa vertriebenen Jüdinnen und Juden. Natürlich durchlief das Jiddisch in fremder Umgebung eine eigene Weiterentwicklung.

Beachtenswert ist, dass im Jiddischen das Gerüst der Sätze immer auf Deutsch gebildet wird, sinntragende Wörter aber oft aus dem Hebräischen oder aus osteuropäischen und slawischen Sprachen stammen. Jiddisch schreibt man immer mit hebräischen Buchstaben, nicht mit lateinischen.

Jiddisch – eine Sprache ohne Land

Jiddisch – das erst seit dem 20. Jahrhundert überhaupt so bezeichnet wird – war die Alltagssprache der Juden in den Städtl Osteuropas. Wenn heute von Jiddisch die Rede ist, ist fast immer Ostjiddisch gemeint. Denn Westjiddisch wird so gut wie nicht mehr gesprochen.

Im 19. Jahrhundert bildete sich sogar eine bedeutende Literatur heraus. Heute, nach der fast vollständigen Vernichtung des Judentums gerade in Osteuropa, stellt sich die Frage, ob diese Sprache die nächsten Jahrzehnte überleben wird. Fachleute schätzen, dass nur noch etwa 1,5 Millionen Menschen, vor allem ultraorthodoxe in den USA, Amsterdam oder wenige in Jerusalem überhaupt noch Jiddisch als (Mutter)sprache sprechen.

Hoffnung für die jiddische Sprache?

Allerdings werden nach wie vor zahlreiche jiddische Worte oder Ausdrücke im heutigen Deutsch genutzt. Mischpoke, Maloche, Schmusen, Schlamassel, Knast oder an der Börse zocken: Die deutsche Sprache wartet mit vielen Wörtern auf, die aus dem Jiddischen stammen. Aktuell und gar in der Jugendsprache sehr gebräuchlich: „Zicken Zoff“ oder „Handy abzocken“. Jiddische Wortwendung gibt es sogar im Berliner Jargon. „Du kleene Dilljurke“ – wer sich von diesem Kompliment geschmeichelt fühlt, kommt vielleicht aus Berlin. Eingelegte Salz-Dillgurken sind typisch für die jüdische Küche. Warum man sich in Berlin aber geschmeichelt fühlen soll als „kleine Dillgurke“, das können uns am Abend vielleicht in Berlin geborene erklären.

Aufschwung für Jiddisch? Jinglish und das neue Jiddisch-Corona-Wörterbuch

Slang in TV-Serien und liebenswerte, manchmal auch ironische Redewendung, ja sogar die Corona-Pandemie scheinen neues Leben in die jiddische Sprache zu bringen. Das sogenannte „Jinglish“, das in der amerikanischen und englischen Umgangssprache Worte miteinander vermischt wie „Bagel“ oder „Mish-Mash“ ist uns durchaus geläufig. Jüngst hat beispielsweise die Netflix-Erfolgsserie „Unorthodox“ dem Jiddischen und dem „Jinglish“ neuen Aufschwung verschafft.

Wie lebendig die jiddische Sprache ist, beweist die Veröffentlichung eines Jiddisch-Wörterbuchs für die Corona-Krise. Dort erscheinen Ausdrücke wie „Die Farschparung“ (Die Ausgangssperre), „opgesundert“ (isoliert) und „Oisplatschikn die Krume“ (Die Kurve abflachen). Das berichtet Thomas Meyer, Schweizer Schriftsteller, im Mai 2020.

Redaktion: Beatrix Polgar-Stüwe